Von den 4000 Islands geht es mit Faehre und Bus in knapp 5 Stunden zureuck ins schwuele Pakse. Da wir uns leider etwas zu spaet um die Unterkunft gekuemmert haben, bekommen wir unser favorisiertes Hotel nicht mehr und steigen daher fuer 21 Euro im Oulayvanh Guesthouse ab: Ist zwar etwas unpersoenlich aber wir koennen von der Bushaltestelle zu Fuss hinlaufen und die Betten sind endlich mal wieder richtig bequem.
Nach einer kurzen Verschnaufpause und etwas Abkuehlung durch die Klimanlage, kuemmern wir uns dann auch gleich um unsere Tour fuer die naechsten Tage: Wir wollen zwei Roller mieten und das Bolaven Plateau erkunden. Dazu wenden wir uns an die vielgelobte Miss Noy und ihren belgischen Mann Yves. Um 18:00 Uhr gibt es in ihrem kleinen Laden in der Hauptstrasse von Pakse eine Info Veranstaltung mit anschliessendem Fahrtraining fuer die Rollerneulinge.
Ich versuche mich auch mal an den hier weitverbreiteten semi-automatischen Getrieben (ca. 6,50 Euro pro Tag), um mir dann aber leicht entnervt doch lieber einen Automatikroller zu reservieren (ca. 8,50 Euro pro Tag). Bei dem Treffen gibt es auch eine Karte der Route und Tips fuer Haltepunkte und Uebernachtungsmoeglichkeiten.
Die Roller sind alle in super Zusatnd und meiner hat sogar nicht mal 5000 km auf dem Buckel.
Wir entscheiden uns aufgrund des schon gebuchten Fluges nach Luang Prabang fuer den „Short Loop„, also die kurze Schleife. Damit entgeht uns zwar der wohl beeindruckendste Wasserfall des Plateaus (Tad Tayicsua), dafuer ist der Weg aber in 2 Tagen machbar. Und los geht die wilde Fahrt.
Tag 1:
Der Anfang ist ersteinmal nicht so schoen: Die Strassse zwischen Pakse und Paksong ist eine einzige grosse Baustelle: der asphaltierte Teil in der Mitte ist von unzaehligen Schlagloechern von teils enormen Ausmassen uebersaeht. Zu beiden Seiten dieser Trasse gibt es zweiradunfreundliche hohe Abbruchkanten auf jeweils eben so breite Schotter- bzw. Sandpisten. Waehrend man also im Slalom durch die Schlagloecher manoevriert und gleichzeitig versucht dem Gegenverkehr auszuweichen, der ja das gleiche tut, wird man rechts von Lastwaegen ueberholt. Durch den dadurch aufgewirbelten Dreck sieht man dann sowieso nichts mehr. Gluecklicherweise muessen wir zu Anfang nur 20 km dieser Strecke absolvieren, bevor wir Richtung Norden abbiegen.
Unser erster Stopp ist der Tad Pasuam (Tad heisst auf Laotisch Wasserfall). Wie fuer alle Wasserfaelle auf der Route muss man Eintritt zahlen. Die umgerechnet 1,00 – 2,00 Euro pro Person sind aber zu verkraften. Hier wurde vor einigen Jahren ein Resort mit Baumhaeusern und Restaurant um den Wasserfall herum gebaut. Es sieht aber aus als waere hier schon laenger niemand mehr gewesen. Sogar das Restaurant hat geschlossen. Nach einem kurzen Rundgang fahren wir also weiter.
Die jetzt idyllische und ueberraschend gute Strasse fuehrt uns stetig bergauf zu dem kleinen Dorf Huay Hun, wo wir bei Mr. Viengs Kaffeeplantage halten. An dieser Stelle sei erwahnt, dass wir aus tiefstem Herzen den vietnamesischen Kaffee vermissen. Die Laoten bauen viel Kaffee an, der sicherlich auch von guter Qualitaet ist, aber leider wissen sie nicht was man dann damit machen soll. Somit wird der Kaffee zur Begruessung auch eher zur Entaeuschung. Dafuer ist dann aber die Fuehrung durch die Plantage wirklich toll: Mr. Vieng zeigt uns die verschiedenen Sorten die er anbaut (Arabica, Robusta und Liberica), wie die Kaffeebohnen verarbeitet werden und was auf so einer Plantage sonst noch so alles waechst und kreucht und fleucht. Wir erfahren dass es maennliche und weibliche Kaffeebohnen gibt, probieren rote Ameisen (schmecken nach Zitrone) und sehen riesige Heuschrecken.
Von Mr. Vieng sind es dann noch ungefaehr 30 km nach Tad Lo, einem wunderschoenen kleinen Dorf auf dem Bolaven Plateau, wo wir unsere erste Nacht im gemuetlichen Palamei Guesthouse verbringen (5 Euro fuer ein grosses Zimmer mit Gemeinschaftsbad).
Vor Sonnenuntergang haben wir gerade noch Zeit fuer eine kurze Wanderung zu den Wasserfaellen Tad Hang und Tad Lo …
… und beobachten Elefanten beim Baden.
Leider erfahren wir hinter her, dass die Elefanten hier zum Reiten gehalten werden und die meisste Zeit angekettet sind. Wenigstens haben wir das nicht finanziell unterstuetzt.
Tag 2:
Am naechsten Morgen brechen wir frueh auf und fahren nur knappe 15 km nach Kok Phung Tai, einem Dorf der Katu Minderheit. Hier trifft man, wenn man Glueck hat, Mr. Hook, auch Captain Hook genannt. Wir warten ca. eine Stunde bis sich eine kleine Gruppe Touristen gesammelt hat und uns Mr. Hook herumfuehrt. Wir wurden schon vorgewarnt, dass man hier einige Dinge mitbekommt, die recht schockierend sind und sind dann aber trotzdem voellig sprachlos. Gleich vorweg: Fotos gibt es hiervon nicht. Die Katu sind Animisten und glauben Fotos koennen die Seele stehlen.
Es leben ueber 700 Katu hier, teilweise mehr als 50 in einem Haus, es herrscht Polygamie. Mr. Hook selbst hat zwar nur eine Frau, weil er, wie er sagt, nicht reich ist, aber andere Maenner im Dorf haben bis zu fuenf Ehefrauen und Dutzende Kinder. Die Kinder fangen bereits mit 3 Jahren an Tabak zu rauchen um boese Geister zu vertreiben. Mit 8 oder 9 Jahren werden sie dann verheiratet: Mr. Hooks 9-jaehrige Nichte wurde erst kuerzlich mit einem 58-jaehrigen Mann verheiratet.
Es gibt rituelle Tieropferungen. Erst am Morgen vor unserer Ankunft wurde eine Kuh geopfert, da am Abend das Neujahrsfest gefeiert wird. Frauen sind dabei grundsatzlich nicht erlaubt. Manchmal, so Mr. Hook, warden Hundewelpen am Dorfplatz angebunden und gemeinschaftlich tot getreten um die Gemeinschaft vor Unglueck zu schuetzen.
Sie glauben, wenn ein Mitglied des Dorfes durch einen Unfall stirbt, bringt das Unglueck ueber das ganze Dorf. Daher muss die ganze Familie nach so einem Tod fuer fuenf Jahre die Gemeinschaft verlassen und im Wald leben. Wir sehen eine teilweise demontierte Huette ohne Waende. Ein Sohn ist vor 2 Jahren beim Spielen von einem Baum gefallen und gestorben. In etwa 3 Jahren darf seine Familie ins Dorf zurueckkehren.
Mr. Hook ist der erste, der das Dorf je verlassen durfte. Er hat studiert und spricht sehr gut Englisch. Mittlerweile wird ihm das aber nicht mehr erlaubt, weil er zwei Mal die Regeln gebrochen hat, indem er ausserhalb der Gemeinschaft Sex hatte. Als er uns das erzaehlt merkt man seine Resignation deutlich. Er versucht die Katu davon zu ueberzeugen, dass die Erde keine Scheibe ist, aber sie glauben ihm nicht.
Wir bleiben fast fuenf Stunden in Kok Phung Tai und machen uns dann sehr nachdenklich weiter auf den Weg Richtung Sueden. Mittlerweile ist uns auch klar, dass wir heute nicht mehr nach Pakse zureuck fahren. Die Sonne naehert sich schon dem Horizont und wuerde uns bei unserem Weg zurueck nach Westen nur blenden und spaetestens um 18:00 Uhr wird es dunkel sein.
Wir beschliessen in Paksong zu uebernachten und lieber am naechsten Tag sehr frueh loszufahren, mit der Sonne im Ruecken.
Paksong wir vom Lonely Planet sehr stiefmuetterlich behandelt und eigentlich nur mit einem Satz erwaehnt. Das Strassen-„Dorf“ ist aber doch ganz schoehn gross und so nutzen wir das verbleibende Tageslicht und erkunden, nachdem wir Quartier im Savanna Guesthouse bezogen haben (8 Euro fuer ein Doppelzimmer), den Ort zu Fuss. Hier oben ist es deutlich kuehler als im schwuehl-heissen Pakse. Wir sind froh dass wir Jacken dabei haben. Wir finden das JHAI Coffee House, wo nachhaltiger Kaffee verkauft wird. Das Projekt unterstuetzt Kaffeebauern in der Region, foerdert den Bau von Schulen und den Zugang zu sauberem Trinkwasser. Der Chef braut uns in liebevoller und zeitintensiver Handarbeit zwei Kaffee aus jeweils Arabica und Robusta Bohnen. Man schmeckt den Unterschied deutlich!
Danach gehen wir auf Futtersuche und werden dank Maps.me abseits der Hauptstrasse bei Mr. Joy fuendig. Nach Suppe und gebratenem Reis sitzen wir noch mit ihm und seinem Bruder zusammen, trinken Beerlao und lassen uns ein paar Woerter Laotisch beibringen.
Tag 3:
Am naechsten Tag bei Sonnenaufgang, gegen 6 Uhr, machen wir uns dann auf den Rueckweg nach Pakse. Das heisst wir kommen in den Genuss der kompletten 40 km langen Strassenbaustelle. Am Anfang ist noch kaum Verkehr und wir fahren im ersten Licht vorbei an Moenchen in orange Roben, die auf ihrem taeglichen Almosengang in kleinen Gruppen barfuss auf der Strasse laufen.
Doch der Verkehr nimmt schnell zu und die Moenche verschwinden. Gluecklicherweise gibt es auf der Strecke noch vier Wasserfaelle. Eine sehr willkommene Gelegenheit wieder frische Luft zu atmen. Aufgrund der fruehen Stunde sind wir so gut wie die einzigen Besucher.
Der Tad Yuang (oder auch Tad Gneuang) preaesentiert sich mit gleich zwei 40 Meter hohen Wasserfaellen, die sich ein ein riesiges Becken ergiessen.
Beim Tad Fan bekommen wir das Becken gar nicht zu Gesicht. Von einer Aussichtsplattform aus, sieht man den 120 Meter hohen Wasserfall tief unten im Gruen des Dschungels verschwinden. Die Wanderung zum Boden dauert mindestes einen halben Tag. Dafuer haben wir heute leider keine Zeit mehr.
Zurueck auf der grossen boesen Strasse geht quasi fast gegenueber gleich der Weg zum naechsten Wasserfall: zum Tad Champi. Sehr idyllisch und laed zum Baden ein… aber es ist uns dann doch zu kalt. Dafuer koennen wir uns hier ein wohlverdientes Fruehstueck.
Der letzte Wasserfall vor Pakse, der Tad Itou ist dann auch der unspektakulaerste. Hier ist ein Ferienresort darum gebaut. Man kann auch zum Fuss laufen, aber wir haben fuer heute schon genug gesehen und goennen uns lieber ein Beerlao und wappnen uns fuer den letzten Abschnitt unseres Loops.
Voellig verdreckt kommen wir schliesslich gegen Mittag in Pakse an und geben die Roller zurueck. Zum Angebot bei Miss Noy gehoert gluecklicherweise auch die Benutzung ihrer Dusche. Frisch gepuzt und nach einem ausgibigen Mittagessen fahren wir dann mit einem Tuk Tuk zum Flughafen.
Naechstes Etappenziel: Luang Prabang im Norden von Laos.
Puh. Also erstmal, der erste Wasserfall ist trotzdem wunderschön!
Das es so weltfremde Bevölkerungen gibt ist ja nichts Neues, Captain Hook scheint mir aber ein Mensch zu sein, über den man eine ganz eigene Studie erarbeiten könnte o.O
Die Gute Miss Noy wird wissen, warum ihre Dusche im Preis mit inbegriffen ist 😉
Weil die beiden Wasserfälle und das verfallende Ressort so schön waren fanden wir es ja so schade und haben uns gewundert.
Mr./ Captain Hook sollte ein Buch schreiben. Wär großartig.
Bei dem Stück zwischen Paksong und Pakse auf jeden Fall. 🙂
P.S.: Ein „Augenzeugenbericht“ zur weltfremden Bevölkerung macht es einem halt viel eindrücklicher Bewusst.