2 Naechte im Zug… das kann ja heiter werden. Fuer den Notfall nehmen wir Bier und Vodka mit, dann wird schon alles gut sein.
Im Abteil erwartet uns schon eine deutsche Frau, die ueber die selbe Agentur gebucht hat wie wir. Erfahrungsaustausch ohne Sprachbarriere ist mal ganz angenehm. Allerdings wird sie uns nur eine Nacht begleiten. Wir lernen schnell, dass das hier der normale Ablauf ist. Wir halten mehrmals taeglich in kleineren und auch grossen Staedten. Menschen steigen aus und zu, viele sind Russen, aber auch eine grosse Zahl Touristen: Italiener, Hollaender, Franzosen, Taiwanesen, Amerikaner mit unterschiedlichen Reiseplaenen. Ach ja und jede Menge oesterreichische Senioren. Wir bleiben erstmal bis Novosibirsk an Bord.
An das Schlafen im Zug gewoehnt man sich tatsaechlich relativ schnell. Es geht schon viel besser als letztes Mal. In der ersten Nacht teilen wir uns das Abteil mit der Deutschen und einem Russen. In der zweiten werden es ein US-Amerikaner und ein Franzose. Beide sind in einer Gruppe von 16 Leuten unterwegs, die die Transsib-Fahrt als Einstieg fuer einen einjaehrigen Aufenthalt in Peking machen. Dort werden sie dann mit ueber 100 anderen jungen Leuten aus aller Welt Politik, Wirtschaft ect. studieren. Die Jungs erzaehlen und, dass sie alle das „Schwarzmann Stipendium“ bekommen haben, das sich an junge Menschen richtet die etwas in der Welt veraendern wollen. Wir fuehren interessante Unterhaltungen ueber Trump, den Brexit, die Fluechtlingskrise aber auch ueber Philosophie und kulturelle Unterschiede. Das Auswahlverfahren fuer dieses Stipendium scheint zu funktionieren: Die haben alle echt was im Hirn und gute Ideen. Ein Franzose gibt uns Tipps fuer China und beeindruckt uns mit Sprichwoertern in Mandarin (keine Ahnung ob das korrekt war, aber hoerte sich verdammt gut an). Vielleicht treffen wir ja den ein oder anderen in Peking wieder.
Am zweiten Abend auch endlich unser erster engerer Kontakt mit einem Russen! Nicolai arbeitet als Elektriker fuer Gazprom und faehrt zu einen zweimonatigen Arbeitseinsatz an einer sibirischen Pipeline. Meistens spricht er Russisch, aber erklaert immer wieder mit ein wenig in Deutsch oder Englisch… Wir verstehen uns. Er zeigt uns Bilder von seiner kleinen Tochter Anna und seinem Sohn Igor und hat Traenen in den Augen. Wir trinken Vodka…
Die Essensversorgung laeuft dagegen suboptimal. Im Zug gibt es einen Samuwar mit heissem Wasser – wir bereiten uns Tee, Kaffee und die leckeren (ja tatsaechlich) Tuetensuppen zu.
Im Restaurant-Wagon, praktischerweise gleich der neben unserem, werden wir trotz riesiger Karte nicht wirklich fuendig, ausser bei Bier und Vodka natuerlich. Das liegt hauptsaechlich daran, dass es nicht alles gibt, oder nur zu bestimmten Zeiten und wir mit Englisch kaum weiter kommen. An den Bahnsteigen der grossen Staedte versuchen wir es an den Kiosken, aber auch dort herrschen eher Fertiggerichte und seltsame gefuellte Teigdinge vor, an die wir uns noch nicht wirklich trauen. Die in Reisefuehrern angepriesenen Verkaeuferinnen mit Fruechten, Nuessen und selbstgemachten Leckereien suchen wir bis fast zum Ende unseres Resieabschnitts vergebens. Erst in Barabinsk, dem letzten laengerem Stop vor Novosibirsk tauchen sie endlich auf: Die Babuschkas, die aus Koerben und Tueten ihre leckeren Waren an die Zuginsassen verkaufen. Hier Robert mit lecker eingelegten Gurken und Himbeeren. Die Mischung machts 🙂
Am letzten Abend ist Robert auf der Suche nach einer Toilette, aber die Beiden im Wagon sind besetzt. Also wagt er ich in den nächsten Wagon und findet sich in einer anderen Welt wieder. Dieser Wagon ist düster und strahlt eine bedrohliche Aura aus – fremdes, unerforschtes Terrain. Level Zwei in der Transsibirischen Eisenbahn wird kurz angespielt, doch auch hier sind die Toiletten besetzt. Na dann lieber zurück in bekannte Gefilde.
Die groesste Herausforderung im Zug ist die fehlende Dusche… Katzenwaesche auf der Zugtoilette… Bianca zieht eine Kurzhaarfrisur in Erwaegung. Wir freuen uns aber erst mal aufs Hotel und eine gruendliche Ganzkoerperreinigung.
Ach ja und die Zeit… Im Zug ist Moskauer Zeit (eine Stunde spaeter als Deutschland). Draussen, in der realen Welt, durchfahren wir verschiedene Zeitzonen. Wir fahren durch dichte Kiefern- und Birkenwaelder, mit der Zeit werden sie immer lichter und die Baeume immer kleiner. Wenn wir in Novosibirsk den Zug verlassen ist es im Zug 20:10 Uhr, draussen 00:10 Uhr. Es ist eine eigene kleine abgeschottete Welt. Man kennt sich untereinander, Allianzen und Zweckehen werden geschlossen und dann steigt man irgendwann aus.
Novosibirsk, Russlands drittgroesste Stadt, beschehrt uns unseren ersten Jetlag. Nicht nur der Zeitunterschied, sondern auch unser Hotel tragen dazu bei. Da wir ja erst nach Mitternacht Ortszeit ankommen, ist unser Hotelzimmer nicht mehr reserviert… Noshow. Die Mitarbeiter an der Rezeption brauchen 40 Minuten bis wir einen Schluessel bekommen. Wir sind muede und genervt. Und morgen werden wir schon um 8 abgeholt um dann am Busbahnhof unsere 10-stuendige Reise ins Altaigebirge anzutreten….
Internet bleibt weiter schwierig. Die Verbindungen sind schlecht oder zu langsam um was vernuenftiges damit zu machen, geschweige denn Bilder hochzuladen oder zu telefonieren. Wir versuchen aber wann immer es geht ein Update zu geben. Merken fuers naechste Mal: russische Simkarte kaufen!